13. November 2012 00:00
Im Schatten der Halde Rungeberg warten sie schon ganz gespannt: Hannibal, Dancer, Caruso, Kasimir und Diego. Mit ihren großen Lama-Augen beobachten sie ihre Besitzerin Beate Pracht. Beim Anblick ihrer „Jungs“ weiß sie einmal mehr: Sie hat alles richtig gemacht.
Von Katja Bäcker
„Lamas spucken sich nur gegenseitig an, Menschen nicht“, weiß ein Teilnehmer der Lamatherapie. Bei einer kleinen Begrüßungsrunde lässt Beate Pracht die fünfköpfige Gruppe alle wichtigen Fakten über Lamas wiederholen. „Man sollte sie auch nur am Hals streicheln, bis sie Vertrauen gefasst haben - dann geht es auch am Kopf“, ergänzt Frau Pracht. Lamas und Menschen können kaum erwarten, dass es los geht.
:: Prachtlamas ::
Vor fünf Jahren traf die gebürtige Gelsenkirchenerin die wichtigste Entscheidung in ihrem Leben: Sie machte sich selbstständig und sie gründete das Unternehmen „Prachtlamas“. Mit ihrer Kollegin Andrea Eikelmann bietet sie seitdem tiergestützte Therapien, Seminare und außergewöhnliche Freizeitangebote an. Natürlich mit ihren Lamas.
Entspannung, Vertrauen, Heilung - das sind die Ziele von Beate Prachts umfangreichem Programm. Bei einer abenteuerlichen Wanderung mit den Lamas erleben Kinder und Erwachsene ihre Umwelt und die Natur von einer ganz anderen Seite. Sie müssen Verantwortung für ihr Lama übernehmen, gewinnen dadurch Selbstsicherheit. Beate Pracht möchte ihre Kunden unterstützen - mit Hilfe der Natur und den Tieren. „Durch die Entspannung mit den Lamas kann man zu neuen Ideen kommen“ - diesen Tipp gibt sie bei ihren Seminaren für Führungskräfte gerne weiter. Sie möchte die Teilnehmer ermutigen, „ihre eigenen Träume zu leben.“ Das wichtigste Standbein ihres Unternehmens ist aber die Therapie mit gehandicapten Menschen. Ein Lächeln, fröhliche Worte - die kleinsten Veränderungen sind schon ein riesen Erfolg. „Ich möchte den Menschen mehr Lebensqualität schenken“, sagt Frau Pracht und streicht sich das lockige Haar aus dem Gesicht. Gemeinsam mit ihren Lamas kann ihr das gelingen.
:: Begrüßung mit Lamas ::
Mit einer Hand voll Heu gehen die Teilnehmer der Therapiestunde auf die Lamawiese. Vier der Wallache lassen sich nicht lange bitten und kommen angetrabt. Nur Kasimir, der Chef der kleinen Herde, findet die Sträucher am Rand der Weide spannender. Mit großer Begeisterung, aber auch Vorsicht, machen sich die Lamas über die kleine Mahlzeit her. Die Teilnehmer achten darauf, dass kein Futterneid entsteht - keiner der Jungs soll schließlich hungrig bleiben. Beate Pracht achtet darauf, dass alle Teilnehmer zum Zug kommen. Ihr ist es wichtig, dass jeder in Kontakt mit den Lamas tritt und so eine erste Vertrautheit entstehen kann. Die Gruppe ist seit fünf Jahren dabei, kennt sich also schon gut mit Lamas aus. Lächelnd betrachtet Frau Pracht das Geschehen.
:: Warum Lamas? ::
Die gelernte Bankkauffrau entdeckt ihre Begeisterung für Lamas erst spät - auf der Suche nach geeigneten Therapietieren. Da hat einfach alles gestimmt. „Ich habe viel ausprobiert. Bei meinem ersten Kontakt mit Lamas ist bei mir selber so viel passiert“, erzählt sie. Ihr gesamtes Wesen, die freundliche und ruhige Ausstrahlung machen Lamas zu perfekten Therapeuten. Wenn sie über Lamas spricht, ist Beate Pracht kaum zu bremsen: „Es ist, als würden die Tiere in die Seele schauen und immer wieder Neues zum Vorschein bringen.“
:: Bürsten und Spazieren gehen ::
Diego, Dancer und Caruso werden von den Teilnehmern ordentlich gebürstet - auch die Fellpflege darf bei Lamas nicht zu kurz kommen. Anschließend beginnt der Spaziergang über den Hof. Sobald einer der Gruppe Schwierigkeiten mit seinem Lama-Partner hat, erklärt Beate Pracht seelenruhig wie es richtig geht. Im Slalom geht es um die Pfützen, eine Runde bis zur Weide zurück. Im Hintergrund: das Rauschen der Autos auf der A2. Es ist unverkennbar - man ist mitten im Pott.
:: Bergmannskind ::
Beate Pracht lebt und arbeitet wirklich gerne in ihrer Heimatstadt. Ihr Opa war Bergmann und hat damals an der Halde Rungeberg malocht. Ihre Verbundenheit mit Gelsenkirchen merkt man deutlich: „Er hat das Fundament hochgeholt, auf dem ich mein Business aufgebaut habe. Das ist schon unglaublich.“ Für kurze Zeit zog es sie aber weg. Nach ihrer Ausbildung entschloss sie, die feste Anstellung aufzugeben. Sie holte das Abitur nach und begann ein Sportstudium in Köln. Ihre neue Leidenschaft war schnell gefunden: Psychologie und Bewegungstherapie. 16 Jahre lang arbeitete sie in einer Psychiatrie im Bereich Bewegung und Entspannung. Auch heute ist sie noch als Sport- und Bewegungstherapeutin im Einsatz. Aber irgendetwas fehlte ihr bei diesem Job. „Ich wollte neue Heilungsmöglichkeiten haben“, erklärt Frau Pracht. „Die Verbundenheit mit der Natur bedeutet für mich Heilung, also wollte ich tiergestützte Therapien anbieten.“ Seminare, die Suche nach dem geeigneten Standort und Auswahl der Tiere - der Weg bis zur Selbstständigkeit war nicht immer leicht. Mittlerweile kann sie sich kein anderes Leben vorstellen. Sie ist stolz, dass sich ihr Mut ausgezahlt hat.
:: Selbstreflexion ::
Die Vielseitigkeit ihres Berufs macht ihn für Beate Pracht so besonders. Menschen, Tiere und Natur - ihre Wunschkombination. Freizeit und Arbeit gehen ineinander über, das macht ihr nichts aus. „Ich mache das, was ich liebe“, bekräftigt die Therapeutin ihre Entscheidung. Die glücklichen Gesichter der Teilnehmer, positive Veränderungen in deren Verhalten - ihr Job gibt ihr so viel zurück.
Auch die Teilnehmer sollen am Ende der Stunde sagen, was die Therapie gebracht hat: „Ich hatte schon vorher gute Laune, aber jetzt ist meine Laune noch besser“, plaudert ein Klient. „Caruso hat mir heute geholfen zu entspannen.“ Mit kleinen Hinweisen gelingt es Beate Pracht aus jedem ihrer Kunden ein Statement herauszukitzeln. Die letzte Aufgabe des Tages gehen alle gemeinsam an. Die Lamas müssen wieder zurück auf ihre Wiese. Vier gehen freiwillig. Chef Kasimir hat nicht wirklich Lust dazu. „Sie müssen mit noch mehr Körperenergie arbeiten.“ Das ist Beate Prachts letzter Tipp. Kasimir ist schließlich auf der Wiese, die Teilnehmer gehen nach Hause. Zurück bleibt eine Frau, die mit sich und ihrem Leben vollkommen zufrieden ist.
Nachteule 13.11.2012, 22:47:59 Uhr
Gute buerBoss-Idee! :)
Beate Pracht 14.11.2012, 10:27:13 Uhr
Liebe Katja Bäcker,
danke für diesen wundervollen Bericht, für Ihre messerscharfe Beobachtung, für Ihre einfühlsame Wahrnehmung und Betrachtung! Ich finde mich sehr gut wieder !! Herzlichen Dank und Ihnen alles, alles Liebe auf Ihrem Weg! Sie machen eine tolle Arbeit!!
Liebe Grüsse Beate Pracht
Hier ist es
InfoBox
Mehr Informationen rund um Beate Pracht, ihre Lamas und aktuelle Termine gibt es auf ihrer Website "Prachtlamas".
Bis Ende November kann man die Lamas noch auf dem Hof Holz in Buer erleben. Dann steht ein großer Umzug an. Ab dem 01.12.2012 wohnt die kleine Herde in der Kinderburg im Gesundheitspark Nienhausen.
Teilnehmer und Betreuerinnen begrüßen die Lamas.
Caruso lässt es sich schmecken.
Beate Pracht erklärt, was beim Füttern zu beachten ist.
Jeder bekommt etwas Heu.
Die richtige Fellpflege ist wichtig.
Gemeinsames Spazierengehen sorgt für Entspannung.